Haftungsfalle FernUSG: Vorsicht bei Infoproducts, Videotutorials und Coachings

Das FernUSG (Fernunterrichtsschutzgesetz) ist auch im B2B-Bereich anwendbar. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem aufsehenerregenden Urteil entscheiden (BGH, Urteil vom 12. Juni 2025, Az: III ZR 109/24). In dem Leitsatz heißt es im Juristendeutsch, dass das (FernUSG) nicht nur auf Verbraucher im Sinne des § 13 BGB, sondern auch auf Unternehmer im Sinne des…

Neues BGH-Urteil: Online-Geschäftsmodelle auf dem Prüfstand

Das FernUSG (Fernunterrichtsschutzgesetz) ist auch im B2B-Bereich anwendbar. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem aufsehenerregenden Urteil entscheiden (BGH, Urteil vom 12. Juni 2025, Az: III ZR 109/24). In dem Leitsatz heißt es im Juristendeutsch, dass das (FernUSG) nicht nur auf Verbraucher im Sinne des § 13 BGB, sondern auch auf Unternehmer im Sinne des § 14 BGB anwendbar sei. Das Urteil betrifft zahlreiche Fallgestaltungen – von Infoproducts über Videotutorials und Coachings bis hin zu klassischen Fernlehrgängen, bei denen Vorträge zum späteren Abruf zur Verfügung gestellt werden – und erweitert den Anwendungsbereich des Gesetzes erheblich. Die Folgen: Online-Angebote könnten zulassungspflichtig sein und die Zulassung muss erst beantragt werden und ist kostenpflichtig. Wer Kurse, Coachings oder Tutorials ohne Zulassung anbietet, kann abgemahnt werden. Zudem drohen Bußgelder.

Klargestellt hat das Gericht auch, wie das Merkmal der „überwiegenden räumlichen Trennung zwischen Lehrendem und Lernendem“ in dem Gesetz zu verstehen ist. Dieses sei bei einem Online-Unterricht jedenfalls dann gegeben, wenn asynchrone Unterrichtsanteile überwiegen. Dies können in den Worten des BGH „insbesondere solche sein, bei denen die Darbietung des Unterrichts und dessen Abruf durch den Lernenden zeitlich versetzt erfolgen.“ Klassische Videotutorials erfüllen dieses Merkmal. Für die Beurteilung, ob Angebote nun zulassungspflichtig sind oder nicht, sind allerdings die Gesamtumstände entscheidend.

Konkretes Risiko: FernUSG gilt für viele Online-Dienste

Eine Mandantin, welche Fernunterricht anbietet, hat berichtet, dass sie versucht hat, eine Zulassung zu beantragen. Allerdings hat sie über mehrere Wochen bei der zuständigen Behörde (ZFU) niemanden erreicht. Ein Antrag kann allerdings heruntergeladen und gestellt werden. Dies dürfte sich für die Fälle eines Bußgeldverfahrens anbieten, um dort die Haftung zu minimieren. Gem. § 21 FernUSG handelt ordnungswidrig, „… wer vorsätzlich oder fahrlässig als Veranstalter einen Fernlehrgang, der nicht nach § 12 Abs. 1 Satz 1 oder dessen wesentliche Änderung nicht nach § 12 Abs. 1 Satz 2 zugelassen ist, vertreibt oder vertreiben lässt…“. Die Bußgelder können bis zu 10.000 € betragen.

Die viel größere Gefahr ist jedoch, das Zahlungen zurückgefordert werden. So war es in dem aktuellen BGH-Fall. Für ein „“9-Monats-Business-Mentoring-Programm Finanzielle Fitness“ hatte der Kläger bereits 23.800 € gezahlt. Diese bekommt er nun zurück, denn der der Vertrag ist unwirksam. Der Anbieter hatte keine Zulassung nach dem FernUSG und Wertersatz steht ihm auch nicht zu. Das kann man auch anders sehen: Das Landgericht Heilbronn (Entscheidung vom 19.12.2023 – 3 O 108/23) hatte die Klage noch abgewiesen.

Honorar muss zurück gezahlt werden

Erst in wenigen Urteilen hat der BGH bisher Ausführungen zum FernUSG gemacht. Im Jahr 2019 hat er in einem Streit um die Zahlungspflicht aufgrund deiner AGB-Klausel u.a. darauf hingEwiesen, dass „ … der Gesetzgeber – erkennbar aus Zweckmäßigkeitsgründen – für Fernunterrichtsverträge dem gegenüber einem „normalen“ Schüler eigentlich schutzbedürftigeren dienstberechtigten Fernschüler in § 2 Abs. 2 Satz 2 Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) eine auf höchstens drei Monatsvergütungen beschränkte Vorleistungspflicht auferlegt (hat).“ (BGH, Az: III ZR 191/18) Die Klausel, um, die damals gestritten wurde hatte folgenden Wortlaut: „Bei einem Zahlungsverzug von mehr als drei Monaten wird sofort der gesamte restliche Betrag bis zum nächstmöglichen Kündigungstermin fällig.“ Diese Klausel hat der BGH damals für wirksam gehalten, das FernUSG, dass es bereits seit 1976 gibt, diente hier als nur als Argumentationshilfe.

Tipp: Prüfung der Zulassungspflicht bei der ZFU

Bei der für die Zulassungen und Registrierungen zuständigen Behörde kann die Antragspflicht online überprüft werden. Dort kann anhand von 6 Fragen unverbindlich geklärt werden, ob für Ihr

Angebot eine Zulassung/Registrierung erforderlich ist. Gefragt wird u.a. nach dem Honorar, den Verträgen, ob das Angebot Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt, ob eine Lern­erfolgs­kontrolle stattfindet, nach einer räumliche Trennung und ob es sich nur um Hobby-Lehrgänge handelt. Leider ist das Ergebnis nicht verbindlich, auf der Seite heißt es weiter: „Bitte beachten Sie, dass das Ergebnis nicht als verbindliche Rechtsauskunft betrachtet werden kann. Die Einschätzung dient lediglich zur Orientierung und bietet lediglich eine allgemeine Bewertung, ob Fernunterricht gemäß dem Fernunterrichtsschutzgesetz vorliegen könnte. Die Verwendung dieser Einschätzung erfolgt auf eigenes Risiko.“

Beratungsangebot: Gern kann für ein pauschalisiertes Beratungshonorar (= 500 Euro netto) eine Risikoeinschätzung und eine Aufklärung zu den möglichen Rechtsfolgen erfolgen. Sie müssen einfach nur eine E-Mail mit Ihren Antworten zu den folgenden Punkten (Honorar, Verträgen, Lern­erfolgs­kontrolle, Art und Weise der Durchführung) sowie einem Link zu Ihrem Angebot und dem Betreff Beratung zum FernUSG senden an: rechtsanwalt@rasommer.de.

RA Tobias Sommer

Ich bin seit 2003 als Anwalt im Wirtschaftsrecht mit Schwerpunkt im Bereich des Immaterialgüterrechts tätig. Ich habe an Fachkommentaren mitgearbeitet, zahlreiche Fachtexte veröffentlicht und habe praktische Erfahrungen als Journalist in den Bereichen Print und Fernsehen, u.a . war ich 10 Chefredakteur des Anwaltsmagazins AdVoice. Neben meiner anwaltlichen Tätigkeit bin ich Dozent und Journalist sowie ehrenamtlich für die IHK Berlin als Vorsitzender der Einigungsstelle für Wettbewerbsstreitigkeiten tätig. Im Jahr 2021 habe ich das Notarexamen abgelegt und bin seitdem auch anwaltlicher Ansprechpartner für alle notariellen Themen.

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